Verabschiedung BM Karl Heinz Kistner und Einsetzung BM Johannes Schaible, 22.03.2024
Eine Gemeinderatssitzung mit solch riesengroßem Interesse der Bürgerschaft findet nicht alle Tage statt. Es wird halt auch nicht alle Tage ein auf vielfältige Art und weit über die Gemeindegrenzen hinaus geschätzter Bürgermeister nach 16 Jahren Amtszeit verabschiedet und gleichzeitig sein junger Nachfolger in sein Amt eingesetzt.
Die Würzbacher Mehrzweckhalle jedenfalls platzte am Freitag sprichwörtlich aus allen Nähten, als der erste Bürgermeister-Stellvertreter Stefan Elsässer die festliche Gemeinderatssitzung mit nur den beiden außerordentlichen Tagesordnungspunkte eröffnete.
Elsässer ließ 16 Jahre Karlheinz Kistner Revue passieren mit dem Bild von Mauersteinen, die nur gemeinsam tragfähig und ein gutes zusammenhängendes Gebilde sind. „Sie haben umgehend nach Ihrem Amtsantritt mit der Umsetzung Ihrer Ideen für Oberreichenbach begonnen“, so Elsässer. Zahlreiche hat er aufgezählt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn „16 Jahre kann man nicht in zehn Minuten verpacken.“
Einer der ersten Bausteine in Kistners Amtszeit war der Start von „Lebensqualität durch Nähe“. Zusammen mit den Bürgern wurden seit 2009 zahlreiche Einzelprojekte umgesetzt, die einen spürbaren Mehrwert für die Einwohner bieten. „Fördertöpfe anzapfen war eines Ihrer Steckenpferde“, stellte Elsässer fest, und er bescheinigte Kistner, dass dieser immer wusste, wo es etwas zu holen gab, „wo’s warm rauskommt.“
Neben den vielen „Bau“-Projekten materieller Art lenkte Elsässer den Blick auf die Beziehungen, die der scheidende Bürgermeister in der Gemeinde „gebaut“ hat. „Der Kontakt zu den örtlichen Vereinen, Kirchen und der Feuerwehr war Ihnen enorm wichtig und immer von gutem partnerschaftlichem Miteinander geprägt.“ Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit und Bürgernähe, „Wir in Oberreichenbach“, damit sei Kistner angetreten vor 16 Jahren. Der Ort mit seinen Ortsteilen sei in diesen Jahren weiter zusammengerückt und aus dem Wahlspruch ist „Wir sind Oberreichenbach“ geworden, zeigte sich Elsässer überzeugt. „Das Gebäude Oberreichenbach ist die letzten Jahre stabiler und fester geworden. Wir sind eine Gemeinde, welche durch Sie und Ihre Arbeit auch nach außen hin sehr an Ansehen gewonnen hat.“
Einen wichtigen Baustein für die erfolgreiche Arbeit als Bürgermeister im Gefüge zwischen Amt, Familie und Privatleben würdigte Elsässer zum Schluss: Ehefrau Dagmar Kistner. Verzicht auf gemeinsame Zeit war ein Preis, und „Sie haben Ihren Mann oft unterstützt, wenn es Dinge gab, die nicht so einfach waren.“ Sicher gab es auch Stunden, „die Sie genießen konnten“, wie gemeinsame Ausflüge mit dem Gemeinderat.
Mit einem Wort aus dem Buch Prediger lenkte der Festredner den Blick auf „die viele freie Zeit“, die das Ehepaar Kistner nun gestalten dürfe: „Wenn der Mensch zu essen und zu trinken hat und sich über die Früchte seiner Arbeit freuen kann, ist das Gottes Geschenk.“ Sprach's und enthüllte zusammen mit dem zweiten Bürgermeister-Stellvertreter Joachim Pfeiffle das raumgreifende Geschenk auf der Bühne, die „kleine Anerkennung von Menschen aus Ihrem Umfeld“, die zum Ausruhen und Genießen beitragen soll: Eine großzügige Himmelsliege, die das Ehepaar Kistner sogleich ausprobierte.
Vereidigung Bürgermeister Johannes Schaible
Mit dem feierlichen Akt der Vereidigung und Verpflichtung von Bürgermeister Johannes Schaible für die Amtszeit vom 1. April 2024 bis zum 31. März 2032 lenkte Stefan Elsässer den Blick nach vorne in die Zukunft.
„Lieber Johannes, die Wähler haben dir ein großes Vertrauen geschenkt. Das gute Wahlergebnis und dieses große Vertrauen ist Verpflichtung für deine Amtszeit. Du hattest geworben mit deinem Slogan Hingehen - Zuhören - Gestalten. Jetzt liegt es in deinen Händen, diese Ideen und Visionen für Oberreichenbach umzusetzen.“ Es gelte nun, das Haus Oberreichenbach zu erhalten und weiter auszubauen. „Es gibt in diesem Gefüge noch viele Bausteine, die bearbeitet werden müssen“, nahm Elsässer das Bild der Bausteine auch bei der Verpflichtung Schaibles wieder auf. Mit Bezug zu einem Vers aus dem Buch der Sprüche wünschte Elsässer dem Bürgermeister Weisheit, Geschick und Verstand „für dein neues Amt im Namen des Gemeinderats und der Bürgerinnen und Bürger von Oberreichenbach.“
Grußworte
Eine lange Reihe von Wegbegleitern ließ es sich nicht nehmen, dem scheidenden Bürgermeister Kistner für seine 16 Jahre Einsatz und Engagement sowie die von Respekt und Vertrauen geprägte Zusammenarbeit in den unterschiedlichsten Feldern zu danken und dem neuen Schultes alles Gute zu wünschen.
„Sie haben viel mehr als Fußspuren hinterlassen“, wandte sich Tobias Haußmann, Dezernent für Jugend, Soziales und Integration am Landratsamt Calw, an Karlheinz Kistner. „Sie haben Wege und Brücken gebaut durch ehrliche Bürgernähe.“ Mit dem ersten elektrischen Bürgerauto Deutschlands habe Kistner Nachhaltigkeit geschaffen, bevor diese modern wurde. Im Kreistag, dem Kistner seit 2009 angehörte, „haben Sie es sich nicht nehmen lassen, die Kreisverwaltung kritisch zu begleiten.“ Sieben Jahre habe er, Haußmann, mit Johannes Schaible im LRA zusammengearbeitet. Sein Eindruck: „Du bist hier genau am richtigen Ort.“ Aus persönlicher Erfahrung rate er: „Überleg dir eigene Wege und Projekte, wo du eigene Fußstapfen hinterlässt.“ Viel Glück auf diesem Weg und auch viel Mut und Freude, so seine Wünsche an den neuen Bürgermeister.
Für 16 Jahre kollegiale Zusammenarbeit und auch die kritische Begleitung dankte Ulrich Bünger im Namen der Bürgermeisterkollegen des Landkreises. Kistner habe viele Impulse gegeben, sowohl im Kreistag wie im Gemeindetag des Kreises, er habe gesagt, was er tue und auch getan, was er gesagt hat. „Du konntest auch mal sperrig sein, was dein Gegenüber veranlasst hat, nochmal nachzudenken.“ In den Dank an den jetzt ehemaligen Kollegen schloss Bünger auch die Ehefrau ein, denn „m‘r hängt mit drin.“
Feuerwehrkommandant Oliver Rathfelder dankte Kistner auch als Oberhaupt der Freiwilligen Feuerwehr, dem eine gut ausgestattete Wehr immer wichtig war. Auch wenn nicht alle Wünsche wie der elektrische Rosenbauer RT wegen der immensen Kosten erfüllt werden konnten. An Schaible gewandt, freute sich Rathfelder, dass sie beide nicht nur das gemeinsame Hobby Fußball verbinde, sondern jetzt auch übers Bürgermeisteramt die Feuerwehr. „Es soll tatsächlich Bürgermeister geben, die auch in der Feuerwehr sind“, warb Rathfelder.
„Sie haben vieles angestoßen, bei dem die Bürgerschaft hinter Ihnen stand“, resümierte Frank Metzler für die Vereine seine lange Aufzählung an Projekten und Ereignissen in Kistners Amtszeit. „Wir wohnen nicht in Oberreichenbach, wir leben in Oberreichenbach!“, das mache einen Unterschied. An Schaible gewandt, der Ehrenamt und Verein „par excellence“ lebe: „Ich habe große Zuversicht, bringen Sie Ihre Ideen und Ihren Einsatz mit nach Oberreichenbach.“
„Auch uns fällt der Abschied schwer“, gestand Benjamin Wick zum Abschied von Kistner im Namen der Verwaltungsmitarbeiter. „Sie haben uns den Rücken gestärkt und hatten gute Worte für jeden. Sie gingen immer voran und packten an, wo andere erstmal reden.“ Die Mitarbeiter auch im Bauhof und den Kindergärten „haben Ihre sachliche, konstruktive, respektvolle Zusammenarbeit sehr geschätzt.“
Als Präsent überreichte Wick zusammen mit Claudia Albrecht und Alexandra Zillinger ihrem jetzt ehemaligen Chef ein gebundenes Werk mit Grüßen und Würdigungen von Wegbegleitern aus allen Arbeitsfeldern des Ex-Bürgermeisters.
Vom neuen Schultes Schaible, seinem Kontrahenten im Bürgermeisterwahlkampf, wünschte sich Wick im Namen der Kollegen eine ebenso gute und loyale Zusammenarbeit wie mit Kistner. Ein Kompass als Willkommensgeschenk solle Symbol sein für die Zielrichtung, er zeige den Weg, der manchmal auch Umwege beinhaltet.
Pfarrer Maximilian-Friedrich Schieck begann sein Grußwort an beide Bürgermeister mit dem Psalm 127: „Wenn der Herr nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen. Wenn der Herr nicht die Stadt behütet, so wacht der Wächter umsonst.“ Kistner habe sich in den 16 Jahren hohen eigenen Ansprüchen gestellt, vieles ist gelungen, manches offengeblieben. „Sie waren ein guter ‚Bürger‘-Meister.“ Es sei gut, dass Johannes Schaible auch die Gegend kennt und es verdiene Respekt, dass er sich der Verantwortung als Baumeister und Wächter stelle. Auf beiderseitigen Wunsch von Kistner und Schaible spendete der Geistliche „Gottes Segen über das Gewesene und das Kommende“.
Text: Jeanette Tröger
Bilder: Gemeinde